Den ganzen Winter über auf dem Rad? Ganz schön hart. Aber es gibt nicht wenige Radler, die das durchziehen, vom Pendler bis zum ambitionierten Sportler. Das Umrüsten auf Winterreifen lohnt sich aber nicht nur für Extremisten! Denn eine gute Traktion ist entscheidend für eine sichere Fahrt auf glattem Untergrund. Wir zeigen die besten Reifen und verraten außerdem, wie du mit der richtigen Fahrtechnik das Risiko eines Sturzes verringern kannst.

Die Bereifung spielt generell eine wichtige Rolle beim Fahrradfahren. Denn die Laufflächen der Pneus sind der einzige Kontaktpunkt zwischen dem Bike, beziehungsweise dem Fahrer und dem Untergrund. Hinzu kommt, dass es sich um eine extrem kleine Kontaktfläche handelt, die sehr viel Druck überträgt. Keine guten Voraussetzungen für Fahrten im Winter, wenn Nässe, Schnee und Eis den Kontakt sogar noch weiter verschlechtern. Im Extremfall reißt die Traktion komplett ab und ein Sturz ist in den meisten Fällen unvermeidbar.

Konsequent: Ganzjahres-Pendler.
Extrem: Tiefschnee-Freerider.

Viele Radler sind jedoch das ganze Jahr über aufs Fahrrad angewiesen, zum Beispiel Pendler oder jene, die kein Auto besitzen. Andere wiederum wollen auch im Winter nicht auf Radsport verzichten. Kein Problem, denn es gibt verschiedene Möglichkeiten, den ungemütlichen Bedingungen ein Schnippchen zu schlagen.

Spezielle Winterreifen

Am Auto sind Winterreifen Pflicht. An Fahrrädern ist ihre Nutzung zwar nur freiwillig. Aber viele Radler haben gar nicht auf dem Schirm, dass solche Fahrrad-Winterreifen überhaupt gibt. Und dass sich damit Fahrkomfort und Fahrsicherheit verbessern lassen. Hier erfährst du, was einen solchen Reifen auszeichnet.

Wichtigstes Feature ist eine weiche Gummimischung, die sich bei Kälte viel später verhärtet als dies bei normalen Sommerreifen der Fall ist. Denn Grundvoraussetzung für eine gute Traktion ist, dass sich der Reifen an den Untergrund anschmiegt. Dies lässt sich zwar bis zu einem gewissen Grad auch mit Hilfe eines niedrigen Luftdrucks erreichen (siehe auch unsere Tipps dazu weiter unten). Aber ein weicher Reifen hat Vorteile, weil er fahrstabiler ist und das Fahrgefühl weniger schwammig macht.

Feine Lamellen sorgen beim Conti Topcontact für Traktion.

Spezielle Profile helfen ebenfalls, den Grip auf Schnee zu verbessern. Zu tief sollten die Kanäle aber auch nicht sein, da sie sich sonst mit viel Material zusetzen können. Oft sind die Profile V-förmig gestaltet, damit Wasser verdrängt beziehungsweise nach außen abgeleitet wird. Bei vielen Reifen ist deshalb bei der Montage auf die vorgegebene Laufrichtung zu achten. Du findest dazu in der Regel einen Pfeil auf der Reifenflanke. Ein weiteres Merkmal von Winterreifen sind kleine Lamellen, die oben auf den Noppen eingearbeitet sind.

Die richtige Breite für einen Winterreifen lässt sich nicht pauschal empfehlen, denn sie hängt von vielen Faktoren ab. Die maximal mögliche Breite hängt von der Reifenfreiheit des Rahmens (Hinterbau) und der Gabel ab. Hier sollte man auch nicht an die Grenze gehen, denn der Durchlass kann sich sonst schnell zusetzen oder vereisen. Zum anderen muss man sich in unseren Breiten auf wechselnde Verhältnisse einstellen. Das heißt, ein Winterreifen mit guten Allroundeigenschaften ist unter Strich sicher die beste Wahl.

Winterreifen mit Spikes

Eine interessante Option! Denn während Spikereifen am Auto in Deutschland verboten sind, darfst du sie am Fahrrad einsetzen. Dieser Reifentyp besitzt kleine Stahlstifte, die in die Noppen des Profils eingearbeitet sind. Die Stifte krallen sich förmlich in den Untergrund und sichern jederzeit den Grip. Fakt ist, dass auf eisigen Oberflächen ausschließlich ein Reifen mit Spikes das Wegrutschen zu fast 100 Prozent verhindert. Bei Eis hast du mit einem normalen Reifen, egal welcher Typ, kaum eine Chance.

Allrounder: Schwalbe Marathon Winter Plus
Experte: Schwalbe Ice Spiker Pro.

Aber auch wenn es scheint, dass Spikereifen die ultimative Waffe gegen winterliche Fahrbahnen sind – sie haben auch ihre Nachteile: Dass Spikereifen aufgrund der Metalleinlagen ordentlich Gewicht auf die Waage bringen, ist sicher zu verschmerzen. Aber sobald Eis und Schnee weniger werden – Stichwort wechselnde Verhältnisse – schmelzen auch die Vorteile dahin. Auf Asphalt kann ein Spikereifen sogar fast gefährlich werden, denn er tendiert bei entsprechender Kurvenlage zum Wegrutschen. Ganz zu schweigen vom lauten Laufgeräusch auf Teer. Und ganz billig sind die Stachelreifen auch nicht.

Der Luft-Trick

Wer sich keine Winterreifen leisten möchte oder nur selten in der kalten Jahreszeit im Sattel sitzt, kann bei seinen normalen Reifen den Luftdruck verringern. Und damit die Aufstandsfläche des Reifens vergrößern. Zudem lässt sich dann auch ein kaltes Gummimaterial leichter verformen und schmiegt sich besser an den Untergrund an. Das Ergebnis: Grip!

Aber Vorsicht, ein Reifen mit (zu) wenig Luftdruck hat zwar Traktion ohne Ende, fährt sich aber auch schwammig und unpräzise. Hier solltest du dich Stück für Stück an einen akzeptablen Minimaldruck herantasten. Aber nicht unter den vom Hersteller empfohlenen Mindestwert gehen (siehe Aufdruck Reifenflanke).

Fahrtechnik anpassen

Die Fahrtechnik ist ein oft vernachlässigter Aspekt, der aber richtig viel bringt. Denn wenn du während der Fahrt ein paar Grundregeln beachtest, kommt es vielleicht gar nicht erst zum Sturz. Vor allem gilt: Tempo ‚raus, nur keine Eile! Lass die Fahrt im Schnee stressfrei angehen.

Achte auf die verschiedenen Schneearten! Trockener Pulverschnee ist vergleichsweise griffig und fährt sich recht unproblematisch. Nasser Neuschnee hingegen setzt das Profil schnell zu und bildet einen gefährlichen Schmierfilm. Am tückischsten ist Eis in all seinen Formen. Zum Beispiel wenn es regnet und die Temperatur gleichzeitig sinkt (Blitzeis), oder wenn es nach Regenfall schnell aufklart und kalt wird. Worst Case sind dünn überschneite Eisflächen oder Pfützen.

In Kombination mit der richtigen Fahrtechnik kann ein Winterreifen sein volles Potenzial ausspielen.

Deshalb generell bei Frostgefahr vorsichtig und vorausschauend fahren! Sei einfach auf alles gefasst und denke immer an den langen Bremsweg. Wenn du bremsen musst, dann nutze tendenziell die Hinterradbremse. Denn im Gegensatz zu einem wegrutschenden Vorderrad ist ein ausbrechendes Hinterrad meist noch unter Kontrolle zu bekommen.

Feile an deiner Kurventechnik. Lege dich nicht mit dem Bike im die Kurve, sondern geh‘ aus dem Sattel und lege nur das Rad schräg. Halte deinen Schwerpunkt möglichst zentral. Vermeide es zu beschleunigen und rolle lediglich durch die Kurve.

Wenn du eine Eisfläche zu spät bemerkst: Finger weg von den Bremsen und versuche, behutsam ohne jede Lenkbewegung darüber hinweg zu rollen. Beten nicht vergessen!

Reagiert ein E-Bike anders?

Ja. Ein E-Bike ist deutlich schwerer als ein Fahrrad ohne Antrieb. Das bedeutet, es schiebt massiver aus einer Kurve hinaus. Genauso muss man das Mehrgewicht beim Bremsen berücksichtigen. Stichwort längerer Bremsweg! Aber auch der Antrieb kann nachteilig sein wenn es glatt ist. Das gilt besonders bei hohen Unterstützungsmodi, die bei Antritt das Hinterrad unkontrolliert durchdrehen lassen können. Deshalb unser Tipp: Bei Glättegefahr tendenziell die niederen Unterstützungsstufen nutzen, besonders während des Anfahrens.

Fazit

Für Pendler und eiserne Ganzjahres-Radsportler kann sich das Umrüsten auf Winterreifen auf jeden Fall lohnen. Besonders, wenn sie in schneereichen Regionen zu Hause sind. Gelegenheitsfahrer können auch klarkommen, wenn sie bei den normalen Reifen den Luftdruck verringern. In diesem Punkt zahlt sich das Experimentieren spürbar aus! Spikereifen können ihre Vorteile nur auf Eis voll und ganz ausspielen. Dort sind sie allerdings unschlagbar. Auf Asphalt muss man wegen der weichen Gummimischung generell mit relativ hohem Verschleiß rechnen.