Auf dem Papier ist das 150er Stereo eine perfekte Mischung aus All Mountain Bike und Enduro Maschine. Aber ist dieses moderne 29-Zoll-Fully auch auf dem Trail der heilige Gral für abfahrtsorientierte Tourenbiker? Wir haben es ausprobiert.

Das CUBE Stereo ist sicherlich der berühmteste Klassiker im Line-Up des fränkischen Bike-Herstellers. Aber man kann längst nicht mehr nur von „dem“ Stereo sprechen. Denn im aktuellen Katalog findet man insgesamt vier Modellreihen dieses Fullys, die sich über den jeweiligen Federweg des Chassis definieren. Das Stereo 150 platziert sich in der Lücke zwischen dem Stereo 140 (All Mountain) und dem brandneuen Stereo 170, einem reinen Enduro Bike. Eine absolut spannende Position. Denn ursprünglich wurde die 150er Klasse für die Fahrer des Enduro Rennteams entwickelt, die ein leichtes und agiles Enduro benötigten.

Nun kommt dieses Konzept auch modernen Tourenfahrern zugute, die nach einem Bike suchen, das eine bessere Bergab-Performance bietet als ein klassisches All Mountain Tourenbike. Wir erinnern uns: Noch vor acht bis zehn Jahren waren noch viele Tourenfahrer auf Hardtails unterwegs, später dann auf Fullys mit maximal 100 bis 120 Millimetern Federweg. Jetzt sprechen wir von 150 und 160 Millimetern! In dieser Klasse rangierten damals bestenfalls martialische Wettkampf-Downhiller. Mit Bikes, die einen Antrieb nur als Alibi besaßen, geschweige denn bergauf fahrbar waren.

Doch parallel zur Verbesserung der Biketechnik haben sich mit jeder Generation auch Fahrkönnen und Anspruch aller Biker weiter entwickelt. Ein großer Schritt war die Einführung von intelligenten Dämpfersystemen, die dafür sorgen, dass große Federwege beherrschbar werden. Dazu eine ausgeklügelte Geometrie, ein leichter Rahmen und ein Antrieb mit breiter Übersetzung. Alles Attribute, die den Klettereigenschaften dieses imaginären Wunschbikes zugute kommen. Denn die schönsten Touren und Trails verlaufen meist dort, wo es keine Seilbahn und keinen Shuttleservice gibt. Die Herausforderung ist es, die Trails mit eigener Kraft zu entdecken.

Einsatzbereich

Das CUBE Stereo entspricht genau diesem Anforderungsprofil. Seit Jahren setzt CUBE mit dem Grundkonzept des Stereo Rahmens mit seiner 4-Gelenk-Kinematik am Hinterbau Maßstäbe. Hier präsentiert es sich in seiner modernsten Form. Das sagt CUBE zum Modell 2020: Die Geometrie des C:62 Vollcarbonrahmens spricht ambitionierte Tourer sowie Enduro-Racer gleichermaßen an. Dieses Bike bringt aggressive Kletter-Skills und überragende Downhill-Potenz auf einen Nenner.

Die Eckdaten

  • Cube C:62 Carbon Rahmen (150 mm)
  • RockShox Lyrik Select Federgabel (160 mm)
  • RockShox Super Deluxe Select+ DebonAir
  • 29 Zoll Fulcrum Red 55 EM Laufräder mit Maxxis Bereifung
  • Sram GX Eagle 1×12 Schaltung
  • Magura MT Thirty Hydraulik-Scheibenbremsen, vorne mit 4-Kolben Power
  • Cube Dropper Post Vario-Stütze

Rahmen und Ausstattung

Insgesamt vier Modelle stehen in der Stereo 150er Klasse zu Wahl, alle mit Carbon Rahmen. Wie üblich bei CUBE bildet das Modell RACE den Einstieg in die Serie. In diesem Fall mit C:62 Carbon Rahmen, genauso wie das nächst höhere Modell SL. Die beiden Topmodelle TM und SLT kommen hingegen mit C:68 Carbon Rahmen, der durch einen anderen Faseranteil etwas leichter ist. In der Praxis ist das kaum spürbar. Optisch gibt es keinen Unterschied. Auch wenn das RACE das preiswerteste Modell der Reihe ist, lässt seine Ausstattung nichts zu wünschen übrig. Die Spezialisten von RockShox liefern das Fahrwerk. Die Hersteller der weiteren Komponenten stehen ebenfalls für Funktion und Qualität: Antrieb von Sram, Bremsen von Magura und System-Laufräder von Fulcrum. Was will man mehr?

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Geometrie und erster Eindruck

Optik ist und bleibt letztendlich Geschmacksache. Aber man kann sagen was man will, das aktuelle Stereo wirkt absolut stimmig und wie aus einem Guss. Das Design, wie sich die Linie des Oberrohrs am Hinterbau fortsetzt, die Dimensionen und Ausformungen der Rohre, sowie die edle Oberfläche des Rahmens sind einfach schön anzuschauen. Dazu passend die schwarzen Komponenten und als pfiffiger Akzent die Maxxis Reifen mit hellbrauner Seitenflanke.

Typisch für ein Enduro ist die Geometrie insgesamt etwas kompakter als bei einem All Mountain Bike, man sitzt also relativ komfortabel. Die Testfahrerin benötigte bei einer Körpergröße von 183 Zentimetern und einer Innenbeinlänge (Schrittlänge) von 86 Zentimetern einen 20-Zoll-Rahmen. Aufgrund der 29-Zoll-Laufräder verlängert sich der Radstand gegenüber des 140er Stereo (27,5-Zoll) um etwas mehr als zwei Zentimeter. Das hat aber auch mit dem flacheren Lenkwinkel des Enduro zu tun, der das Vorderrad mehr nach vorne schiebt (66 Grad gegenüber 66,5 Grad). Ein halbes Grad hört sich nicht sehr dramatisch an, aber der Gewinn an Laufruhe ist beim 150er Enduro deutlich spürbar.

Viel diskutiert wird immer übers Gewicht. Deshalb auch dazu noch ein paar Vergleichswerte. Das Testbike Stereo 150 C:62 Race wiegt 13,9 Kilo. Ein sehr akzeptabler Wert für ein Enduro Fully, und vor allem in dieser Preisklasse (2999 Euro)! Das Plus an Komfort und Federweg kostet gegenüber des All Mountain Bikes Stereo 140 etwa 600 Gramm (13,3 Kilo). Das leichteste Modell aus der Enduro-Serie (Stereo 150 C:68 SLT) wiegt mit 12,9 immerhin ein Kilo weniger als das Race. Jedoch muss jeder für sich selbst entscheiden, ob ihm ein Kilo Gewichtsersparnis 2000 Euro Aufpreis wert ist.

Setup Fahrwerk

Bevor es auf den Trail geht, muss das Fahrwerk aufs Körpergewicht der Fahrerin abgestimmt werden. Dazu benötigt man eine Hochdruck-Dämpferpumpe, die bei jedem Fully-Fahrer in die Hobby-Werkstatt gehört. Vor allem waren wir gespannt, ob sich Dämpfer und Gabel auf das relativ geringe Gewicht der Fahrerin (60 kg) gut einstellen lassen. Denn je weniger Luft sich im System befindet, desto mehr Einfluss nimmt die Reibung der Dichtungen auf das Ansprechverhalten der Elemente, sprich die Feinfühligkeit der Federung.

Gut zu wissen: Bei allen CUBE Fullys erkennt man den Federweg des Fahrwerks am Modellnamen. Der Wert, in diesem Fall 150 (Millimeter), bezieht sich aber konkret auf den Hub des Hinterbaus. Denn CUBE kombiniert seine Rahmen stets mit einer 10 Millimeter längeren Federgabel. Folglich verwöhnt die RockShox Lyrik Select Gabel den Fahrer mit 160 Millimetern Federweg. Eine durchdachte Philosophie, denn besonders beim Downhill können Reserven an der Gabel nicht schaden.

Wichtigster Wert bei der Abstimmung ist der so genannte SAG. Das heißt, wie weit das Fahrwerk einsinkt, wenn sich der Fahrer auf das Bike setzt (im Stand). Das gewährleistet, dass Dämpfer und Gabel in beide Richtungen arbeiten können. Dabei helfen verschiebbare Gummiringe und Skalen auf dem Kolben des Dämpfers und der Gabel-Standrohre. Je mehr SAG man dem Fahrwerk gönnt (z. B. 40%), desto höher ist der Komfort. Es gibt Markierungen für 20, 30 oder 40% SAG. Wie viel man letztendlich bevorzugt, gilt es im Gelände auszuprobieren. Deshalb unser Rat, die Dämpferpumpe auf die erste Tour mitzunehmen, um das Setup gegebenenfalls zu optimieren.

Eine ausführliche Anleitung zum Abstimmen des Fahrwerks findest du in diesem Magazin-Beitrag.

Wichtig bei Dämpfer und Gabel: Während des Abstimmprozesses muss die Einstellung für die Compression (Druckstufe) komplett offen (gelöst) sein. Gabel: Drehknopf rechts oben auf der Brücke steht gegen den Uhrzeigersinn am Anschlag. Dämpfer: Kleiner Kipphebel steht in Richtung Dämpferkörper (hinten). Unser Urteil: Gabel und Dämpfer ließen sich unkompliziert aufs Fahrergewicht von 60 Kilo abstimmen. Im Stand arbeiteten die Elemente leichtgängig. Die befürchtete Zähigkeit aufgrund des relativ geringen Luftdrucks war nicht spürbar. Also, höchste Zeit für eine Trail-Runde!

Das CUBE Stereo 150 C:62 Race auf dem Trail

Bereits beim ersten Aufsitzen sieht und spürt man, dass das Konzept „Touren-Enduro“ schlüssig umgesetzt wurde. Die Testfahrerin sitzt mit einer angenehmen Mischung aus Komfort und einem gesunden Schuss Sportlichkeit im Sattel. Auffallend ist der mit 78 Zentimetern sehr breite Lenker in Kombination mit dem kurzen Vorbau. Auch wenn ein solches Cockpit völlig normal für ein modernes Fully ist, müssen sich Tourenfahrer, die vielleicht von einem vier- oder fünf Jahre älteren Bike her kommen, erst einmal daran gewöhnen. Aber spätestens auf der ersten Trail-Abfahrt werden sie die Kontrolle zu schätzen lernen, die der Lenker vermittelt.

Zweite Überraschung: Für ein 150-mm-Enduro lässt sich das Stereo 150 C:62 RACE durchaus effizient bergauf treten. Das Fahrwerk ist definitiv kein (nerviger) Schaukelstuhl! Erst recht nicht, wenn man am Hinterbaudämpfer die so genannte Plattform aktiviert. Was muss man darunter verstehen?

Am Dämpfer befindet sich seitlich ein kleiner blauer Hebel mit zwei Positionen. Nach hinten gelegt arbeitet der Dämpfer ganz normal und kann bei einem Hindernis blitzschnell den gesamten Hub (Federweg) zur Verfügung stellen. Die richtige Position für technische Trails, grobes Gelände und vor allem Abfahrten. Schätzungsweise wird man 70 bis 80 Prozent der Fahrzeit mit offenem Dämpfer unterwegs sein. Legt man den Hebel aber nach vorne, federt der Hinterbau spürbar zäher ein und reagiert kaum auf Tretbewegungen des Fahrers. Ideal zum Beispiel auf längeren Forstweg-Auffahrten. Es ist aber kein LockOut (Blockierung)! Auch an der Gabel lässt sich die Druckstufe (Compression) erhöhen, so dass sie zäher einfedert. Aber Achtung: Man sollte nur nicht vergessen, die Federung am Ende des Anstiegs wieder zu öffnen!

Die Übersetzung ist mit einem maximalen Berggang von 30 Zähnen vorne und 50 Zähnen hinten auch für steile Rampen vorbereitet. Ebenfalls positiv wirkt sich beim Klettern der 66 Grad flache Lenkwinkel aus. Das Stereo 150 hält unbeirrbar die Spur, egal welches Hindernis sich in den Weg legt. Es macht richtig Spaß, leicht ansteigende, technische Trails zu fahren. Ein echter Gewinn ist dabei auch die überragende Traktion der Maxxis Minion DHR Bereifung. Nicht umsonst genießen Maxxis Reifen inzwischen in der Enduro-Szene einen sehr guten Ruf und haben längst mit Conti oder Schwalbe gleich gezogen, wenn nicht sogar diese Brands überholt.

Zügelloser Spaß gergab

Endlich heißt es: Sattelstütze runterfahren und Bremsen los! Wie schlägt sich das Stereo 150 in seiner Paradedisziplin? Der Anfang ist schonmal perfekt, denn mit der hauseigenen Dropper Post ist eine Teleskop-Sattelstütze serienmäßig dabei. Soviel zum Thema „durchdachte Ausstattung“. Sobald man in den ersten Trail einbiegt, die ersten Hindernisse überrollt und Stufen hinunter poltert, fügt sich alles zusammen. Fahrer, die bislang vielleicht ein Tourenbike mit 120 oder 130 Millimeter Federweg unter dem Hintern hatten, werden das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommen. Dank der 29er Laufräder und des potenten Fahrwerks bügelt das Enduro jede Rüttelpiste glatt. Man muss aufpassen, nicht übermütig zu werden. So viel Sicherheit vermittelt dieses Fully. Das Fahrwerk arbeitet selbst beim niedrigen Gewicht der Testfahrerin sensibel, der Federweg wird optimal ausgenutzt.

Auch bei der Magura Bremsanlage hat CUBE seine Hausaufgaben gemacht. Am Vorderrad, wo es drauf ankommt, kann man sich auf eine große 203-mm-Bremsscheibe und die Kraft von vier Kolben verlassen. Hinten genügt eine 180er Scheibe und ein Sattel mit zwei Bremskolben in jeder Situation. Außerdem spart das sinnvoll konfigurierte Ensemble ein paar Gramm Gewicht. Am meisten Spaß bereitet das Stereo 150 aber, wenn man die Bremsen loslassen kann und Gas gibt! So geht Enduro Style.

Unser Fazit

Wer das aktuelle STEREO 150 C:62 RACE mal gefahren ist kann nur staunen, auf welch hohem Niveau die Fahrwerkstechnik heute angelangt ist. Dank ausgefeilter Kinematik und moderner Dämpferelemente hat CUBE es geschafft, ein voll tourentaugliches Fully mit 150 beziehungsweise 160 Millimetern Federweg zu bauen. Auch die gelungene Geometrie mit flachem Lenkwinkel und kletterfreudig-steilem Sitzwinkel trägt ihren Teil zur Effizienz bei. Ein äußerst vielseitiges Fully, einsetzbar von Enduro Rennen über Trailriding bis zur Alpenüberquerung. Typisch CUBE mit einer Top-Ausstattung zum fairen Preis.


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